Robuste Aussichten für Holzaktien trotz volatiler Märkte
Author: Stefano Charrey, Investment Analyst, Timber Finance Initiative
Das Jahr 2022 war geprägt vom Ukraine-Konflikt. Dieser Konflikt hatte weitreichende soziale, politische, wirtschaftliche und finanzielle Folgen, die auch im aktuellen Jahr 2023 weiter bestehen. Die aggressiven geldpolitischen Massnahmen der westlichen Zentralbanken zur Eindämmung der Inflation entzogen der amerikanischen und der europäischen Wirtschaft die geldpolitische Unterstützung. Ihre Auswirkungen werden sich voraussichtlich auch 2023 fortsetzen. Während kurz- und mittelfristig signifikante makroökonomische Herausforderungen bestehen, die Attraktivität von Holz als CO2-Speicher und wichtiges Element für die globale Klimastrategie bleibt stark. Das schafft langfristiges Potential für Holzaktien.
Ein volatiles 2022
Beginnen wir mit einem der wichtigsten Rohstoffe für die Holzindustrie: Schnittholz. Nach einer sehr positiven Entwicklung im Jahr 2021 und einem volatilen Start ins Jahr 2022 brachen die Futures-Preise für Schnittholz ein. Sie beendeten das Jahr mit einem Rückgang von 74,5 % gegenüber ihrem Höchststand im ersten Quartal 2022 (siehe Grafik 1) am Tiefpunkt. Das Ausmass und die Geschwindigkeit des Einbruchs waren in historischer Perspektive aussergewöhnlich.
Grafik 1: Futures-Preise für Schnittholz, Front-Monat. Quelle: Bloomberg.
Die Aktien des Holz-, Forst- und Papiersektors fielen im Laufe des Jahres um fast 20 %, wobei sich alle Benchmark-Teilsektoren ähnlich entwickelten. Der Timber Finance Carbon Capture & Storage Index entwickelte sich mit einem Minus von 23,4 % leicht schwächer als die breitere Holz-, Forst- und Papier-Benchmark und besser als der globale Wohnungsbau (-26,0 %). Die Positionierung des Index ist aussergewöhnlich weil er auf CO2-speichernde Massivholzbauten fokussiert und eine strukturell weniger auf die Verpackungs- und Zelluloseindustrie.
Grafik 2: Indexentwicklung. Quellen: TFI, Indexanbieter. Die Wertentwicklung des TFC&C-Index vor der Auflegung (17.9.2021) ist rückwirkend berechnet.
Die Holzbestände waren insgesamt viel weniger volatil als die Holzpreise. Die Schnittholz-Futures-Preise waren von Ende 2019 bis zu ihrem Höchststand im Mai 2021 um 317 % gestiegen und befinden sich nun wieder auf «vor-Covid»-Niveau. Die Holzaktien erreichten ihren Höchstsand parallel mit den Holzpreisen und sind seither zurückgegangen. Sie konnten aber in diesem Zeitraum eine positive Performance erzielen (+49,7 % für den Timber Finance Carbon Capture & Storage Index, +13,2 % für den S&P Global Timber & Forestry NTR) und damit das Holz bei deutlich geringerer Volatilität übertreffen.
Der TFI-Index unterscheidet sich von gängigen Forst- und Holz-Benchmarks wie dem S&P Global Timber & Forestry Index insbesondere durch seinen Fokus auf die Herstellung von Holzerntemaschinen, dem Baugewerbe und dem Vertrieb von Baumaterialien sowie struktureller Holzprodukte mit Schwerpunkt auf die langfristige Kohlenstoffspeicherung.
Grafik 3: TFI Index im Vergleich zum iShares Global Timber & Forestry, der den S&P Global Timber & Forestry Index abbildet. Quellen: TFI, iShares. Januar 2023.
2022 mussten einige der Gewinner des Jahres 2021 aus den Bereichen Holzbauprodukte eine deutliche Korrektur hinnehmen. Während der Markt für diese Aktien nach einem dramatischen Anstieg eine Korrektur erwartet hatte, blieben die Umsatzzahlen und Margen für 2022 solide. Die langfristige Attraktivität von Holzprodukten im Baugewerbe bietet nach wie vor Chancen für langfristig orientierte Anleger. Langfristig bleiben die Trends der Dekarbonisierung und der Kreislaufwirtschaft, insbesondere im Baubereich, solide Treiber der Holznachfrage über die ganze Wertschöpfungskette. Waldbesitzer und -betreiber, Hersteller von strukturellen Holzprodukte, die technischen Mehrwert für die Bauindustrie und für die Umwelt schaffen, sowie Vertreiber von Holzprodukte können von diesen Trends profitieren. Anleger können sich in diesen Bereichen mit Holzaktien regional und global positionieren.
Konjunktureller Gegenwind und Chancen
Der Einbruch der Schnittholzpreise um 74,5 % kann teilweise als Konjunkturthermometer gelesen werden. Im Bausektor hat sich parallel ein starker Rückgang der Baugenehmigungen in Ländern wie den USA (-29 % YTD bis November, Conference Board Leading Indicators – Building Permits for New Private Housing) und Deutschland (-30 % YTD bis Oktober, Statistisches Bundesamt – Building Permits, Construction of New Buildings) gezeigt. Betrachtet man die von der Commodity Futures Trading Commission (CFTC) veröffentlichte Positionierung der kommerziellen (z.B. Industrie) und nicht-kommerziellen (z.B. Finanz) Marktteilnehmer in Futures, so zeigt sich ein deutlicher Anstieg der Short-Positionen in der zweiten Jahreshälfte des 2022, als der Holzpreisverfall bereits eingetreten war. Auch wenn eine spekulative Komponente bei der Volatilität der Holzpreise nicht ausgeschlossen werden kann, liefern die Daten der CFTC keine starke Begründung für diese Hypothese und können gleichermassen fundamentale, wirtschaftliche Faktoren unterstützen.
Optimistisch betrachtet haben die Märkte bereits einen erheblichen Abwärtstrend eingepreist, wobei die Bewertungen (EV/EBITDA-Multiplikatoren) im Grossen und Ganzen deutlich schneller sanken als die Rentabilität (gemessen am nachlaufenden EBITDA des dritten Quartals 22, während wir auf die Veröffentlichung der Zahlen für das Geschäftsjahr 22 warten). Trotz der sich abzeichnenden wirtschaftlichen und finanziellen Herausforderungen bietet die Tatsache, dass die Bewertungen von Holzaktien gesunken sind, einen wertvollen Sicherheitspuffer für den langfristigen Anleger.